Titel: Liebe machen
Autorinnen: Susanne Fröhlich, Constanze Kleis
Die Leseprobe von „Liebe machen“ war durchaus sehr spaßig. Das Buch selbst gefiel mir dann aber nicht besonders.
Susanne Fröhlich und Constanze Kleis sind beide (laut Aufkleber am Buch) Bestseller-Autorinnen. In “Liebe machen” quasseln sie frisch, fröhlich und (wenn’s wahr ist) sehr ehrlich über ihre Erfahrungen. Die eine, Conny, ist seit 30 Jahren verheiratet, die andere, Susanne, musste sich Ende 50 wieder neu orientieren und auf Partnersuche begeben (sie war dann auch erfolgreich.) Ob das auch jüngere Leserinnen anspricht? Mir ist das Buch selbst mit 46 ein bisschen altbacken vorgekommen, wenn ich ehrlich bin.
Aber worum geht’s in “Liebe machen” eigentlich?
Es geht um Traumprinz-Listen, die eher hinderlich den hilfreich sind, um Dating-Börsen, die auf ganz altmodische Art und Weise der Meinung sind, dass nur gleiche und gleich zusammenpasst und um Biochemie und puren Zufall, die heute kaum noch eine Chance haben. Es geht um die Frage, ab wann frau dem neuen Partner die Kinder vorstellen sollte und wie man mit dem berühmt-berüchtigten Schwiegermonster umgeht (obwohl auch Omis manchmal zu Opfern werden können, dann nämlich, wenn sie mit den Enkelkindern erpresst werden.) Es geht ums gemeinsame Geldausgeben oder auch ‑sparen und die Frage: Wer stemmt wieviel? Es geht um Patchworkfamilien und den Umgang mit den Ex-Partner:innen.
Und ums Streiten. Und Fremdgehen (bzw. Treu sein).
Bei all diesen Themen erfährt man nicht nur sehr viel von den beiden Autorinnen, sondern vor allem auch von deren Partnern. Ich hoffe, sie nehmen es sportlich, denn wenn vorne nicht Roman draufsteht, geht frau davon aus, dass da nicht gemogelt wird.
“Liebe machen” stellt viele Fragen, die von den beiden abwechselnd beantwortet werden. Manchmal wird auch von Freund:innen / Bekannten erzählt, aber insgesamt erzählen die beiden fast ausschließlich aus dem eigenen Nähkästchen. Und das fand ich, ehrlich gesagt, nicht so spannend. Ich kam mir eher so vor, als würde ich mit zwei älteren Frauen, die ich durchaus sympathisch finde, die aber anders ticken als ich am Tisch sitzen. Das kann ganz lustig sein, wenn man ein Gläschen Aperol-Spritz dazu trinkt, so allein im Lesesessel fand ich es dann auf Dauer eher öd. Neue Erkenntnisse gab es in dem Buch keine, nicht einmal besonders ulkige Situationen. Es wird vor Love-Skammern im Netz gewarnt, das Thema Patchwork-Familie (ich komme aus einer) ist ebenso oberflächlich dargestellt wie vieles andere in dem Buch. Manches hat mich sogar wütend gemacht. Muss man sich im Jahre 2022 noch immer über den Typen mockieren, der beim ersten Date seine Geldbörse zu Hause „vergessen“ hat? Wie oft kommt das schon vor? Ich habe beim ersten Date nie erwartet, eingeladen zu werden, im Gegenteil – wieso nicht mal als Frau die erste Rechnung übernehmen?
Und ist es wirklich so schlimm, wenn der Mann vorschlägt, einander zu Weihnachten nichts zu schenken? Meine Erfahrung: Männer sind nicht knausrig, wenn sie das sagen, sondern haben Angst, was falsch zu machen – weil Frauen oft Vorstellungen haben, die sie nicht erfüllen können. (Und damit meine ich nicht einmal Diamantringe, sondern der Wunsch nach dem besonders persönlichen, kreativen Geschenk.)
Zwar wird in „Liebe machen“ durchaus dafür plädiert, dass Frauen, die mehr verdienen, sich auch mehr einbringen sollen (und der Mann soll dann aber bitte nicht so ein Problem damit haben!), aber letztendlich wird doch erwartet, dass der Mann beweist, dass er kein Knauser ist.
Bücher wie “Liebe machen” beweisen, dass Männer es heute nicht leicht haben. Aber auch Frauen, die es mit der Gleichberechtigung tatsächlich ernst meinen, haben es nicht leicht, wenn da manche noch immer in ihren Stöckelschühchen daher spazieren und anderen die Welt erklären. Die ihre Männer sogar als “Brüllaffe in freier Wildbahn” bezeichnen. Denn genau so steht es in dem rosa Buch – dass manche Männer ab und zu brüllen müssen, um sich zu behaupten, und frau sie dann tunlichst nicht ernst nehmen soll.
Fazit: Wer die beiden Autorinnen kennt und mag, wird wahrscheinlich auch dieses Buch mögen. Frauen unter 50 (und ich bin 46!!) rate ich von dem Buch eher ab – die Welt rennt heute anders, wir erkennen einen Love-Scammer im Normalfall schon am Titelbild, dass das mit der Traummann-Liste nicht klappt, muss frau sowieso selbst herausfinden und wie man richtig streitet auch. (Nicht jede hat schließlich eine Brüllaffen zu Hause.) Respekt und Gleichberechtigung sind keine Einbahnstraße, und nein, es reicht da auch nicht, den Mann gnädigerweise mal auf einen Urlaub einzuladen, weil er weniger verdient.
Titel: Liebe machen
Autorinnen: Susanne Fröhlich, Constanze Kleis
Verlag: Knaur
Publikationsjahr: 2022
Seiten: 253
ISBN: 978–3‑426–21494‑7