Titel: Trockenes Feld
Autor: Kurt Palm
Trockenes Feld, so der Titel von Kurt Palms Roman. Obwohl, ein klassischer Roman in dem Sinn ist es eigentlich nicht, vielmehr begleiten wir Leser*innen den bekannten Regisseur und Autor auf seiner Suche nach seinen Wurzeln – also tief in seine Familiengeschichte hinein.
Palms Eltern, wuchsen in Slawonien auf, in einem Ort namens Kapan in Suhopolje, was übersetzt trockenes Feld heißt, daher also der Buchtitel.
Als kleiner Bub hat Kurt Palm noch den Krieg verklärt, fand es spannend, dass der Vater bei der Wehrmacht war, wie er damals glaubte. Als Jungkommunist trat er dann gegen die Werte der Eltern an, nichts sollte so bleiben wie es war, die Zeiten standen auf Veränderung. Dass der Vater dem Kameradschaftsbund beitrat, verstand Palm nicht, zumal er dann ohnehin nie zu den Treffen ging.
Viele Fragen aber wurden damals nicht gestellt.
Palm beginnt erst nach dem Tod, der Vergangenheit seiner Eltern nachzuspüren. Und sieht sich auch mit unangenehmen Fragen konfrontiert. Stand der geliebte Großvater der Ustascha nahe? Und wie war das, als die Deutschen nach Kapan kamen, die jungen Männer ausmusterten und den Vater, der damals noch ein Teenager war, direkt vom Bauernhof zur SS schickten?
In Archiven findet Kurt Palm heraus, wohin es seinen Vater im Krieg verschlagen hat. Da war der Einsatz in Frankreich, dann der Lazarettaufenthalt in Deutschland. Und: die Daten und Orte passen nicht zu dem, was der Vater offiziell angab. Aber was heißt das?
War der Vater etwa an Kriegsverbrechen beteiligt? Und wie war das mit den Partisanenerschießungen in Kapan? Haben die Verwandten davon gewusst? Oder fanden diese erst nach der Zeit der Umsiedelung statt?
Palm reist mit seiner Schwester in die Heimat der Eltern. Und stellt fest: Es ist kein Ort, an dem man heute leben möchte. Dennoch hatten viele aus Kapan Zeit ihres Lebens Heimweh, verklärten das Leben, das sie zurücklassen mussten. Die Umsiedelung nach Osijek im September 1943 war nur die erste Station. Am Ende verschlug es die Palms nach Väcklabruch, denn der Krieg war aus, weiter ging es nicht mehr. Kurt Palm wuchs in Timelkam auf.
Bis 1956 ist die Familie staatenlos. Der Vater arbeitet lange als Hilfsarbeiter, ein besserer Job steht ihm als Nicht Österreicher nicht zu.
Ganz grauslich auch immer wieder die Diktate und Hauptwortübungen aus den 1960er-Jahren aus alten Schulheften, die Palm zwischen die Kapitel schiebt. Sie strotzen nämlich vor Nationalstolz und Pathos. (Und ein paar Sätze daraus kamen mir durchaus noch aus meiner eigenen Schulzeit bekannt vor.)
“Trockenes Feld” ist ein sehr persönliches Buch. Ich hab ein bisschen gebraucht, bis ich mit den Anekdoten warm geworden bin, manches war mir anfangs ein bisschen zu uninteressant als jemand, der nicht der Palm-Familie angehört. Spannend wurde das Buch für mich vor allem in der 2. Hälfte. Und was schön ist: Palm schafft es, die Fluchtgeschichte seiner Eltern ohne Pathos abzubilden und auch die dunklen Flecken zu thematisieren. Mit vielen Fragen, die für ihn, den Sohn, wohl unbeantwortet bleiben.
Titel: Trockenes Feld
Autor: Kurt Palm
Verlag: Leykam
Erscheinungsjahr: 2024
Seiten: 304
ISBN: 978–3‑7011–8343‑2