EINE FRAGE DER CHEMIE

Titel: Eine Frage der Chemie
Autorin: Bonnie Garmus

Einer der bezauberndsten Romane, die ich je gelesen habe

Es gibt Bücher, die schwirren durch die Facebook- und Instagramblasen gleichermaßen, und das bis in alle virtuellen Ecken und Enden hinein. Zuerst denkt man sich: Okay, Bestseller halt. Aber wenn den Bestseller dann auch jene teilen, die sich vom Wort “Bestseller” normalerweise nicht sofort anlocken lassen (ganz im Gegenteil), dann macht das doch neugierig.

“Eine Frage der Chemie” landete genau aus diesem Grund auf meinem Bücherstapel. Als Geburtstagsbuch, im April. Dass es mir dann wirklich so gut gefallen würde, damit habe ich – ehrlich gesagt – gar nicht gerechnet. Und wahrscheinlich hätte ich es vorige Woche noch nicht in meine Reisetasche gesteckt, wenn ich nicht gefragt worden wäre: Und? Hast du “Eine Frage der Chemie” endlich gelesen?


???? Inhalt:
Elizabeth ist Chemikerin, die nichts von der Ehe und dem Kinderkriegen hält. Was sie brennend interessiert, ist die Abiogenese, doch Ende der 50er/ Anfang der 60er hat sie es als Frau auf dem Gebiet der Wissenschaft alles andere als leicht. Früh in ihrer Laufbahn muss die Naturwissenschaftlerin erkennen, dass sie nicht nur viele Neider:innen hat, sondern dass Männer in jeder Hinsicht im Recht sind. Denn als sie vergewaltigt wird, glaubt ihr niemand und Elizabeth kann schließlich nicht promovieren. In dem einzigen Institut, das ihr eine Anstellung bietet, wird sie als Assistentin behandelt – und das, obwohl sie mehr drauf hat als die meisten ihrer Kollegen. Doch nicht nur die Chemiker haben etwas gegen Elizabeths Ehrgeiz, auch die Sekretärin ist der Ansicht, dass Elizabeth sich gefälligst wie alle Frauen benehmen sollte.
Nur Calvin Evans – Nobelpreisanwärter und Außenseiter (aber auch Aushängeschild des Instituts) – sieht Elizabeths Rolle anders. Was wahrscheinlich daran liegt, dass er sich in sie verliebt. Und draufkommt, dass sie tatsächlich gut ist.
Calvin und Elizabeth führen eine gleichberechtigte Beziehung auf Augenhöhe, sie tauschen sich aus, arbeiten gemeinsam, lachen gemeinsam, rudern schließlich sogar gemeinsam. Und sie haben einen Hund – Halbsieben, benannt nach der Uhrzeit der ersten Begegnung. Das Paar ist glücklich miteinander, wenngleich sich Calvin – anders als Elizabeth – Kinder wünscht. Doch dann stirbt Calvin und Elizabeth, die allein zurückbleibt, stellt fest, dass sie schwanger ist.
Um ihre Tochter ernähren und das Haus behalten zu können, nimmt sie schließlich ein Angebot bei einem TV-Sender an und bespielt die Sendung “Essen um sechs”. Doch Elizabeth hält sich nicht an das Skript. Statt fröhlich in die Kamera zu lächeln, erklärt sie in der Live-Sendung chemische Prozesse beim Kochen und führt ihren Zuseherinnen vor Augen, was sie als Hausfrauen und Mütter täglich leisten – und dass sie ein Recht darauf haben, mehr aus ihrem Leben zu machen. 

???? Meine Meinung
“Eine Frage der Chemie” ist eine bezaubernde Geschichte über eine starke Frau, die sich nicht von Konventionen fesseln lässt, sondern gegen alles und jeden, der sich ihr in den Weg stellt, ankämpft. Eine Frau, die ihrer Tochter dieselbe Freiheit gewährt, eine Mutter, die weiß, dass Bildung das oberste Gut ist. 

Garmus’ Debütroman ist jedoch keine knallharte, realistische Auseinandersetzung – vielmehr hat man es bei “Eine Frage der Chemie” mit einer Art modernem Märchen zu tun, das seine Leserinnen mitreißt und in Erinnerung ruft, was die Frauenbewegung schon alles erreicht hat – und wovon wir noch immer weit entfernt sind. Ein Buch, das mich zum Staunen gebracht hat. Zum Seufzen, zum Lachen, zum Weinen. Ein Buch, mit dem man unter die Decke schlüpft – und das man nach dem Zuklappen lange nicht mehr vergisst. Ein Buch, über das einige wenige die Nase rümpfen, weil ein Hund doch keine 900 Wörter lernen kann und es auch ganz und gar unrealistisch ist, dass alle bösen Männer bestraft werden. Und ja, man kann sich natürlich beschweren, dass die Perspektiven nicht immer ganz so sauber gearbeitet sind, wie man es in Schreibschulen lernt. Alles berechtigte Kritik. Was Garmus’ Roman jedoch kann: viele unterschiedliche Leserinnen (und vielleicht sogar ein paar Leser) in seinen Bann ziehen. Und das ist dieser besonderen Magie geschuldet, die in diesem Buch steckt. 

Titel: Eine Frage der Chemie
Autorin: Bonnie Garmus
Übersetzung aus dem Amerikanischen: Ulrike Wasel und Klaus Timmermann
Verlag: Piper
Publikationsjahr: 2022
Seiten: 500
IBAN 978–3‑492–07109‑3
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